

Ein himmlisches Gespann
Die Sonne brannte unbarmherzig auf den Asphalt und den ein oder anderen vom Quartiermanager eigens farbig hervorgehobenen Hundehaufen. Verschiedene Umstände, die die Existenz zu mehr als nur einer olfaktorischen Herausforderung machten. Daher war ich froh, vorerst in die klimatisierten Tiefen des ortsansässigen Supermarkts abtauchen zu dürfen. Dort konnte man tägliche Einkäufe erledigen und ganz nebenbei Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele werfen. Aber wie überal


Unser Anfang
Die Nacht ist dunkel und jung und voller Möglichkeiten. Die Brücke: rechts der Rhein, links die Schnellstraße. In diesem Moment erscheint alles neu, anders, fremd. Der Weg fällt ab, ich trete fest in die Pedale, gewinne an Fahrt, der Dynamo brummt, die Lichter rauschen an mir vorbei. Spüre mein Herz klopfen. Kalter Wind im Gesicht, Wärme unter dem Pulli. Kribbeln in den Beinen. Der Alkohol hat meinen Kopf gleichermaßen leer und voll gemacht. Hinter mir: die Aufregung. Wie wir


N2
Als ich in Mannheim neu angekommen war, besuchte ich einen Deutschkurs im Lernzentrum in Mannheim, in N2. Immer wenn ich dorthin ging, bekam ich ein gutes Gefühl. Zu dem Zeitpunkt war ich schwanger. Ich lernte viele neue Leute kennen, viele neue Freunde und wir halten noch bis heute Kontakt. Ich liebe diese Freunde. Der Ort war mir sehr wichtig, ist mir immer noch sehr wichtig. Ich hatte ja niemanden in der Stadt gekannt, hatte keine Freunde gehabt, und dort lernte ich sie al


Eldorado für Stecher
1946 – Herr Kassel wohnte einige Monate bei uns, bis man ihn als Großschieber erwischte und einsperrte. Das Zimmer war wieder frei. Mein Vater als Justizbeamter, hielt sich von Kassels Geschäften immer fern. Mit dem Verlust meiner US-Zigaretten fiel die öfters praktizierte Paffrunde der Clique im Versteck aus. Doch das berührte uns nicht. Ganz schlimm war diese Zeit jedoch für starke Raucher, besonders für die, die keine US-Zigaretten „erfuggern“ konnten. Sie wurden zu passio


3 x 3
Drei Fremde an einem bekannten Ufer. Gestrandet. Der Himmel reißt auf und Licht fließt über die Pflastersteine und den Asphalt. Der Himmel schimmert in durstigen Augen. Junge Räuber in einer jungen Nacht. Erwachsene Kinder in einer traurigen Stadt. Kurze Tage verbringen wir auf langen Inseln. Am Boden jeder Flasche wartet ein Spiegel. Mich schaut ein Kind an. Ich werde mir fremd mit den Jahren. Irgendwann werde ich es sein der mich durch diesen Spiegel anschaut und ich werde


Eislaufhalle Herzogenried
Vor zwei Jahren im Januar lernte ich zwei Jungs kennen, zwei Geflüchtete. Die beiden fragten mich, wie alt ich denn sei. Irgendwie waren sie mir sofort sympathisch. Manchmal lernt man jemanden kennen und es stimmt einfach. Man weiß sofort, dass man sich mit diesem Menschen gut verstehen wird. Mit dem einen von den beiden Jungs traf ich mich regelmäßig. Irgendwann kam ihm dann die Idee, zusammen Schlittschuhlaufen zu gehen. Wir verabredeten uns zum Schlittschuhlaufen und er me


Briefe an Cleo II
Liebe Cleo, zuerst wollte ich sie Hänssler und Greter nennen. Dann habe ich mich aber besonnen…, nein, ich habe kein Sonnenbad genommen. Obwohl …., warm genug wäre es gewesen… Nein…, ich meine zurückgezogen, adstringiert…, äh…, du verstehst?..., jedenfalls bin ich rechtzeitig entscheidungsrelativ geworden. Sozusagen volatil. Es würde ja auch nicht stimmen. Die grimmigen Kinder sind ja zwischen Bäumen umhergelaufen. Und nicht umgekehrt. Oder? … Was meinst du? Vielleicht waren


König von der Dammstrooß
Es ist 22:00 Uhr. Ich bin seit zehn Stunden von Stau zu Stau aus dem Allgäu nach Mannheim unterwegs und seit weiteren 20 Minuten auf Parkplatzsuche. BING - Da isser. Ich setze den Blinker. Ein Typ im dicken BMW versperrt mir den Weg. Er setzt den Blinker. Ich bin naturgemäß (s.o.) minimal aggressiv, lasse mein Fenster herunter und informiere ihn, wessen Parkplatz das wohl ist. Er steigt aus. Er hat Rasierklingen unter den Armen. Ich Größe 36. Trotzdem: Ich nutze die Gunst der


Neckarstadt West
Ich komme aus dem Irak. Vor fünf Monaten kam ich nach Deutschland, es war im Juli. Mein Ehemann besaß einen schwedischen Pass und wir beschlossen, nach Schweden zu gehen, zusammen mit unseren zwei Töchtern. In Schweden blieben wir vier Monate lang und versuchten eine Wohnung zu finden - vergeblich. Man muss dort sehr lange warten bis man eine Wohnung oder gar ein Zimmer bekommt. Wir wohnten bei einem Freund - es war eine schwere Zeit für mich. Es fiel mir schwer, all die Haus


Zärtlichkeit
Es gibt einen Ort in Lenyas Stadt, den sie mit Freundschaft verbindet. Abends macht sie oft einen Spaziergang dorthin. Wo die Flüsse sich treffen geht sie am Wasser entlang, passiert zwei Brücken und viele Häuser, schaut in all die Fenster und Gesichter, genießt die Lichter. Und hört Autos und Möwen, Hunden und Vögeln zu. Manchmal begleiten sie die Schwäne einen Abschnitt ihres Weges, doch oft fühlt sie sich allein. Bis sie ankommt. Bei den drei großen Häusern. Eine Landschaf


Wo ist Heinrich?
Meine Oma war - und ist auch immer noch - eine unglaublich regelmäßige Stadtgängerin. Mindestens jeden zweiten Tag ist sie in den Quadraten unterwegs und hat mich vor allem als kleinen Knirps oft mitgenommen. Und so sind wir immer unsere Route gelaufen, am Wasserturm beginnend Richtung Stadt. Der Weg führte uns immer an Saturn und Galeria Kaufhof vorbei, Richtung Kapuzinerplanken.
Und zwischen Saturn und Galeria Kaufhof saß die Hauptperson meiner Moving Story: Heinrich.
Hei


Mannheim Hauptbahnhof
Meine Geschichte spielt am Mannheimer Hauptbahnhof. Ich möchte sie erzählen, da sich die ganze Gegend dort für mich sehr verändert hat, seit wir 2015 im Herbst angefangen haben, gestrandeten Flüchtlingen zu helfen... Damals war es so: Kurzentschlossen hatte ich mich eines Abends zum Bahnhof begeben, um zu schauen, ob ich helfen kann. Bei der Information hatte man mir schließlich ein paar Züge genannt, die Uhrzeiten und an welchen Gleisen sie halten würden und man hatte uns de


Die Kurpfalzbrücke
Was macht die Kurpfalzbrücke? Sie verbindet die beiden Ufer mit ihren Menschen und lässt selbst Anschläge wie Kritzeleien oder Graffitis gelassen und würdevoll über sich ergehen. Einmal im Jahr wird es allerdings stimmungsvoll und laut zugleich, fast explosiv. Wer in Mannheim wohnt, sollte zumindest einmal an Silvester auf dieser Brücke gestanden sein. Die Brücke – vollgestopft mit unterschiedlichen Menschen, die alle unterschiedliche Ängste und Wünsche für das neue Jahr habe


Bewegen und bewegt werden
Bewegen und bewegt werden. Sich bewegen und von anderen bewegt werden. Bewegende Momente und sich aufeinander zu bewegen. Nichts von dem hatte ich im Sinn oder bewusst geplant als ich zum ersten Mal diesen großen Saal betreten hatte. Diesen Raum, der wie ein freundlicher Riese wirkt, der auf dem Rücken liegt: sein Bauch ist aus Holz, seine Arme sind Vorhänge mit Stühlen als Hände, die Füße sind eine große Doppeltür und der Kopf, der Kopf des Riesen ist die Bühne. Das ist der


Pavillon d´amour
Vor 53 Jahren habe ich in Mannheim-Neckarau das Licht der Welt erblickt. Meine Schulzeit in den 80er Jahren verbrachte ich „auf dem Bachgymnasium“. Zum Schuljahresbeginn erbten wir mehrere Exemplare männlicher Repetenten. Einer davon ist besonders in meinem Gedächtnis haften geblieben. „Oh Joe, Du warst so cool“. Mit Wuschelmähne, die kaum unter den Motorradhelm gepasst hat, Lederjacke in schwarz, Jeans, Turnschuhe und geheimnisvollem Blick. Geraucht hat er natürlich auch. Er